Wort zur Woche

20. Sonntag nach Trinitatis

Wochenspruch: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ Micha 6,8

Leitmotiv: Die Ordnungen Gottes

Alles klar? Ordne dich ein. Passe dich ein, passe dich an. Geh nicht deinen eigenen Weg. „Geh unter der Gnade, hör auf Gottes Worte“ (Siebald). In der Tat, das ist uns gesagt: Gottes Wort halten.

Aber das ist merkwürdig ausgedrückt. Wann hält denn einer Wort? Wenn er zu seinem eigenen Wort steht. Wenn er hält, was er versprochen hat. Sagen wir zueinander: „Ich halte dein Wort“? Ich halte dein Versprechen? Du hast zugesagt, treu zu sein, und ich verwirkliche es an deiner Stelle?

Ja, wenn wir Liebe üben und demütig sind. Wenn du an meiner Liebe fest hältst, weil du nicht bereit bist, den Glauben an sie aufzugeben. Wenn ich mich von dir demütigen lasse und dich trotzdem weiter liebe. Indem ich dich nicht loslasse. Indem ich dich auf deine Verantwortung verpflichte.

Ist es nicht das, was Liu Xiaobo tut? Und alle, die gewaltfrei Unrecht widerstehen? Sie sind nicht bereit, sich in das lebensfeindliche System zu fügen. Sie halten das Wort der Obrigkeit, die es bricht. Welcher Tyrann brüstet sich nicht damit, ein wahrer Wohltäter der Menschheit zu sein? Sie sind es. Sie üben Liebe. Welcher Tyrann behauptet nicht, der erste Diener seines Volkes zu sein? Sie sind es. Sie sind demütig. Demut ist Dienstwilligkeit.

Und Gott? Ist er denn ein Tyrann? Manchmal kann man es denken. Was soll die Frau von ihm halten, die eine grausam schwere Kindheit hatte,  ein hartnäckiges psychisches Leiden, körperliche Dauerprobleme, einen kaum je verständnisvollen, depressiven Mann, und die ihrem Gott  immer und immer wieder neu – unglaublich tapfer – das Vertrauen aussprach? Stets höchst sorgsam bedacht, seinen Willen zu tun? Ängstlich fragend, ob sie sein Wort auch wirklich hält? Sie hat sich so sehr ein Kind gewünscht. Und wird erhört! Und dann kommt die tödliche Diagnose. Ausschabung.

Und jetzt? Gottes Wort halten. Trotzdem, nach tausend schweren Enttäuschungen. Und nun auch noch nach dieser, die noch schwerer ist. „Darf ich dich daran erinnern, mein lieber himmlischer Vater, dass du der liebe himmlische Vater bist und kein grausamer Tyrann? Beweise deine Liebe. Tröste mich endlich. Ich bin nicht bereit, an einen anderen zu glauben.“

Hans-Arved Willberg

Über Hans-Arved Willberg

Dr. phil. Hans-Arved Willberg Trainer - Dozent - Publizist Jhg. 1955, vh., 2 Söhne, wohnt in Etzenrot bei Karlsruhe Inhaber Beratungsfirma Life Consult und Leiter Institut für Seelsorgeausbildung (ISA)
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